Monday, August 28, 2006

Spiel des Lebens

Ich weiß nicht mehr genau, woher ich den Spruch habe, aber er
sitzt mir im Gehirn wie kaum ein anderer: "Das Leben ist wie
ein Computerspiel - Scheiss Handlung, aber saugeile Grafik".

Wenn man da mal genauer drüber nachdenkt könnte da vielleicht
sogar mehr dran sein als uns lieb ist. Es ist jetzt zwar nicht
unbedingt so, dass man 3 Leben hat und wenn man die verballert
hat, im Kampf gegen die alltäglichen Hindernisse, kommt ein
neonfarben leuchtendes "Game Over" und dann kann man neue
Münzen einwerfen und von vorne anfangen. Naja, für Buddhisten
und Katzen vielleicht, aber nicht für uns Heidenkinder.

Dennoch, man kämpft und das ist ja schon mal ein Anfang. In
Zeiten, in denen Bushido sich als "Endgegner" bezeichnet und
damit auch noch breite Massen begeistert, bedarf es also einer
neuen Betrachtungsweise. Wir werden geboren, als kleines hilf-
loses Wesen quasi die Beta-Version des "Ich 1.0". Man rennt los
und am Anfang erscheint einem alles noch total einfach (war ja
bei Super Mario auch nicht anders). Man tötet die ersten Gegner
/ überwindet die ersten Hürden, man lernt allein zu essen, zu
laufen, zu sprechen, zu kacken. Man verpasst sich quasi selbst
ein paar Upgrades und Patches und ist dann vielleicht schon
"Ich 1.2". Mit der Zeit werden diese Hürden dann schwerer, man
beginnt nachzudenken, man muss lästige Sachen, wie lesen, rech-
nen und schreiben und jede Menge anderen unnützen Kram und man
beginnt zu erkennen, dass einem wohl noch einige Levels bevor-
stehen und man macht sich auf einen langen und harten Kampf
gefasst.

Diese Entwicklung geht weiter. In Level "Pubertät" beginnt man
dann zu allem Überfluss auch noch emotional zu reagieren. Das
ist so der Peak-Level in dem ganzen Spiel, hier ist es wirklich
am schwersten einen klaren Kopf zu bewahren, denn Hier wartet
auch der erste große Zwischengegner: Die eigenen Eltern. Das ist
schon ziemlich fies. Die, die einem eigentlich erst die Münzen
zum Spielen gegeben haben sind jetzt der erste Zwischengegner.
So ein Mist, die kennen natürlich meine Stärken und Schwächen,
aber nicht umsonst hat uns die Spielefirma namens Evolution
uns mit der Wechsel- und Wandelbarkeit unserer Launen in der
Pubertät ausgestattet. Das alles hat einen Sinn: Es ermöglicht
uns unsere Eltern (den Zwischengegner) zu bezwingen.

Nachdem wir diese Hürde genommen haben wird das ganze nicht ge-
rade leichter. Denn der nächste Zwischengegner versucht uns,
gleich nachdem wir geschwächt aus dem Elternkampf hervorgegangen
sind, zu bezwingen. Es sind die andersgeschlechtlichen (dieser
Text wurde für Heten geschrieben, kann aber genauso leicht auch
für Homos umformuliert werden) Wesen. Sie versuchen uns wie
damals die Sirenen bei Odysseus oder war's doch Herkules, ach
egal, Asterix und Obelix da waren sie auf jeden Fall, zu bezir-
zen und uns so von unseren Stärken abzulenken. Meist überleben
wir diese Phase mit starken Verwundungen, aber immerhin:
wir ÜBERLEBEN.

Im weiteren Verlauf merkt man, dass der Chef-Programmierer
namens Schicksal nicht gerade der Kreativste war, denn diese
ganze Prozedur wiederholt sich noch ein paar Mal. Irgendwann
steht man kurz davor "Ich 2.0" zu sein und als besserer Mensch
zu leben, als Ehemann / Ehefrau, mehr oder weniger aufrichtig,
eine Familie gründend oder anderweitig beschäftigt (Politiker
sind vom "besseren Mensch werden" ausgenommen). Und mit was
wartet dieses verdammte Spiel dann auf??? Wie der Sturm nach
der Ruhe vor dem Sturm wird man dann mit so fiesen kleinen
Gimmicks wie einer Mid-Life Crisis oder den Wechseljahren
(jaha, sie haben sich für beide Geschlechter was eigenes
ausgedacht) konfrontiert. Ne fiese Sache. Schlechte Laune,
Temperaturschwankungen und andere Dinge vermiesen uns den
Alltag und man fühlt sich leicht in die Pubertät zurück
versetzt. Das ist der Punkt an dem manche die Theorie auf-
stellen, dass man nur bis zur Mitte seines Lebens wächst
und dann die lebensinterne Evolution wieder rückwärts
verläuft.

Danach passiert nicht mehr viel, man bekommt einen kleinen
Lebensbonus, der sich Rente schimpft und dann weiß man ge-
nau, man hat noch ca. 20 Jahre, davon vielleicht 10 in
denen man so mobil ist, dass man sich nochmal upleveln
kann bevor man seinem ganz persönlichen Bushido entgegen
tritt. Manche nennen ihn Gott, manche Nirvana, manche Tod,
andere Teufel, wieder andere George Bush oder Adolf Hitler,
die allerwenigsten kommen in den Genuß mit Kiera Knightley
oder Salma Hayek am Ende in einem Baby-Pool voll Schlamm
zu catchen (für die Frauen wären das wohl irgendwelche
Männer, aber fragt mich nicht welche, weil Frauen keinen
einheitlichen Männergeschmack haben. Männer sind sich da
ziemlich einig..."Geil musse sein..").

Jedenfalls ist dann sowieso das "Game Over" ob man gewinnt
oder verliert. Mir scheint diese Auffassung von Leben doch
gar nicht mal so schlecht. Wir müssen nur dafür sorgen,
dass wir am Ende gewinnen und so ziemlich jeden Bonus mit-
nehmen, der sich auf dem Weg zu unserm Bushido finden lässt.

Danach gehen wir in die ewigen Jagdgründe ein, spielen nackig
Räuber und Gendarme und fühlen uns als hätten uns gerade 10
Thailänder / -innen massiert und es wäre nie etwas passiert.
(Katholiken, sind hier ausgenommen, weil die ja diesen
Himmel-Hölle-Ethos haben) Das heißt, wir müssen nur unsere
Finger lockern und diesen verdammten Button namens "Guter
Lebensführung" finden und einfach nur noch wild drauf
rumkloppen. Gar nicht mal so ne Scheiss-Handlung, wenn
man genauer drüber nachdenkt.

Und immer im Hinterkopf behalten, dass die Memory Card voll
ist. Ihr könnt nicht speichern...

mood: philosophical
music: Parallax - Contemplating the Contemplated (wie passend)
food: green tea with sugar

1 Comments:

Blogger Tina said...

mh. wirklich schön geschrieben. wirklich schön.

12:25 PM  

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