Für ein paar Groschen mehr...
Ich bin Brecht-Fan. Ca. 50 Jahre ist es jetzt her, dass selbiger gestorben ist, ca. 80 Jahre, dass er die Dreigroschenoper geschrieben hat. Eine Oper, die so geschrieben ist, dass sie nur von Bettlern hätte aufgeführt werden können, damit sich Bettler sie auch leisten können. In der Tat darf man jedoch kein Bettler sein um sich Campino in Klaus Maria Brandauers Inszenierung der Dreigroschenoper zu Gemüte führen zu können. Mit 17 € für die billigsten und ca. 70 € für die teuersten Karten gehört diese Veranstaltung schon eher zu denen, die von Gutbetuchten Leuten besucht werden. Den Rahmen für dieses Spektakel bietet der neu aufgebaute und wiedereröffnete Admiralspalast (der ja grade so noch fertig geworden ist zur Premiere und teilweise noch ein bisschen nach Baustelle aussieht). Ein durchaus gemütliches Ambiente für einen solchen Abend.
Brecht schrieb dieses Stück ja um die Missstände in der Weimarer Republik (immerhin der ersten Demokratie Deutschlands) anzuprangern. Als überzeugter Kommunist mit teilweise anarchistischen Anlagen kritisierte Brecht in diesem Stück besonders die Missstände, die durch die Ungleichverteilung des Kapitals und korporatistische Konglumerate zwischen Politik, Polizei und "Wirtschaft" entstanden sind. Genau diese Missstände lassen sich ja auch heute in Zeiten von Hartz IV und horrenden Arbeitslosenzahlen wiederfinden. Schwierig scheint es jedoch trotzdem diese Geschichte mit ihren kleinen versteckten Pointen gekonnt umzusetzen. Man sollte jedoch meinen, dass Brandauer genau der richtige Mann dafür ist (seine Inszenierung von Faust ist ja bis heute unumstritten als die beste angesehen worden). Genau die angesprochene Handlung hat mich dazu veranlasst völlig normal gekleidet in die Oper zu gehen (mit Nietengürtel, Wizo-Shirt und Jeans) und ich musste ein bisschen lachen, als ich sah, wie sich manche Leute für diese Oper aufgebrezelt hatten. Brecht hätte sich vermutlich im Grabe umgedreht, aber das ist eine andere Geschichte.
Nun zur Veranstaltung selbst. Die Besetzung war ja mit altgedienten Schauspielern wie Kathrin Sass, Michael Kind, Gottfried John etc. durchaus hochkarätig, die Hauptspannung lag jedoch natürlich bei Campino's Schauspieler-Debüt und Brandauers inszenatorischen Künsten. Im Grunde genommen konnte ich mir Campino auf einer Schauspielbühne nicht wirklich vorstellen, da ich ihn jedoch für sehr intelligent und teamfähig halte, habe ich es ihm durchaus zugetraut. Und ich sollte nicht enttäuscht werden. Campino hat für mich zwar keine überragende, aber eine durchweg solide Leistung gebracht. Zwar wirkten seine Dia- und Monologe teilweise doch arg leselastig (sie klangen teilweise wie vorgelesen) und seine Bewegungen kannte man teilweise aus Toten Hosen Konzerten, aber dennoch überzeugte er insgesamt durch seine Lockerheit und man sah ihm deutlich an, dass es eine neue Erfahrung für ihn war, an der er Spaß hatte. Über Campino's sängerische Talente kann man ja durchaus streiten. Nach dem M-TV unplugged, wo alle ein eher ruhigeres Konzert erwartet hatten, wurde ihm oftmals vorgeworfen, dass er ins Schreien abgeglitten wäre, was er damit begründete, dass die Atmosphäre im Burgtheater ihn dazu verleitet hätte. Diesmal konnte er sich darauf nicht verlassen, denn wie die Toten Hosen auf ihrer Website selbst ankündigten war dies eine Kulturveranstaltung und kein Punkkonzert. Und doch glitt Campino wieder ins Schreiende ab. Die Titel wurden teilweise sehr schnell gespielt und gesungen, wodurch Teile der Texte untergingen. Dies war jedoch eine Idee Brandauers und ist den Schauspielern nicht anzulasten und könnte als metaphorisches Mittel zur Übertragung auf die modernen hektischen Zeiten gesehen werden. Ich persönlich glaube, dass Brandauer mit Campino als Mittel gespielt hat. Denn gerade gegen Ende hin (besonders bei "Gerettet") schrie Campino so arg und bewegte sich wie bei den Toten Hosen auf der Bühne, dass man denken konnte man würde von Campino dem "Punk" angeschrien um wachgerüttelt zu werden. Jeder in dem Saal wusste ja von Campino's Herkunft und verstand daher wohl auch diese Anspielung. Jedoch konnte Campino auch bei den ruhigeren Nummern durchaus überzeugen und zeigte, dass er eine Stimme hat, und dass er diese auch gekonnt in Szene setzen kann. Brecht selbst als großer Revoluzzer wäre bestimmt von der punkig / rebellischen Vortragsweise Campino's beeindruckt gewesen. Schauspielerisch fügte Campino sich gut in das Ensemble ein. Großartig waren natürlich Kathrin Sass als Mrs. Peachum und eine mir bis jetzt unbekannte Schauspielerin als Lucy Brown.
Wer von Brandauer eine große modernistische Interpretation der Dreigroschenoper erwartet hatte, wurde enttäuscht und musste sich damit begnügen, dass die Inszenierung nah am Original war. Dennoch ließ er es sich nicht nehmen eigene Ideen einzubauen, wie zum Beispiel den Bettler, der den Vorhang zu den Umbaupausen zog und diese mit Gesang überbrückte (das weltbekannte Moritat hat er famos gesungen). Auch kleine unterschwellige Gags wie zum Beispiel der Ausspruch von Mackie Messer (Campino) "So behandelt man vielleicht eine Tote Hose, aber doch nicht mich" wurden gekonnt und sympathisch eingebaut. Alles in allem würde ich sagen, dass es ein gelungener Einstand für Campino war und er bewiesen hat, dass er vielseitig ist und sich durchaus auch auf Schauspielbühnen sehen lassen kann. Für mich, der durch die Toten Hosen zum Punk gekommen ist, war es eine interessante und schöne Erfahrung ihn so zu sehen und ich fühlte mich danach kulturell bereichert.
Kritik würde ich lediglich daran üben, dass man diese relativ groteske "Oper" noch spektakulärer hätte inszenieren können, was ich von Brandauer auch erwartet hatte, allerdings wird diese sauber gespielte naturelle und schlichte Inszenierung Brecht wohl eher gerecht als eine pompöse.
Die Veranstaltung findet glaube ich noch bis 24. September statt und ich kann sie jedem nur empfehlen, der Brecht mag, Campino mal als Schauspieler erleben will, oder sich einfach nur kulturell bereichern will.
Was bleibt da mehr zu sagen als "was ist ein Dietrich gegen eine Aktie, was ist das Überfallen einer Bank gegen die Gründung einer Bank?".
Jeder der die Gelegenheit hat sollte nach Berlin kommen und sich dieses Spektakel nicht entgehen lassen.
Eine 8,5 von 10 Punkten.
Brecht schrieb dieses Stück ja um die Missstände in der Weimarer Republik (immerhin der ersten Demokratie Deutschlands) anzuprangern. Als überzeugter Kommunist mit teilweise anarchistischen Anlagen kritisierte Brecht in diesem Stück besonders die Missstände, die durch die Ungleichverteilung des Kapitals und korporatistische Konglumerate zwischen Politik, Polizei und "Wirtschaft" entstanden sind. Genau diese Missstände lassen sich ja auch heute in Zeiten von Hartz IV und horrenden Arbeitslosenzahlen wiederfinden. Schwierig scheint es jedoch trotzdem diese Geschichte mit ihren kleinen versteckten Pointen gekonnt umzusetzen. Man sollte jedoch meinen, dass Brandauer genau der richtige Mann dafür ist (seine Inszenierung von Faust ist ja bis heute unumstritten als die beste angesehen worden). Genau die angesprochene Handlung hat mich dazu veranlasst völlig normal gekleidet in die Oper zu gehen (mit Nietengürtel, Wizo-Shirt und Jeans) und ich musste ein bisschen lachen, als ich sah, wie sich manche Leute für diese Oper aufgebrezelt hatten. Brecht hätte sich vermutlich im Grabe umgedreht, aber das ist eine andere Geschichte.
Nun zur Veranstaltung selbst. Die Besetzung war ja mit altgedienten Schauspielern wie Kathrin Sass, Michael Kind, Gottfried John etc. durchaus hochkarätig, die Hauptspannung lag jedoch natürlich bei Campino's Schauspieler-Debüt und Brandauers inszenatorischen Künsten. Im Grunde genommen konnte ich mir Campino auf einer Schauspielbühne nicht wirklich vorstellen, da ich ihn jedoch für sehr intelligent und teamfähig halte, habe ich es ihm durchaus zugetraut. Und ich sollte nicht enttäuscht werden. Campino hat für mich zwar keine überragende, aber eine durchweg solide Leistung gebracht. Zwar wirkten seine Dia- und Monologe teilweise doch arg leselastig (sie klangen teilweise wie vorgelesen) und seine Bewegungen kannte man teilweise aus Toten Hosen Konzerten, aber dennoch überzeugte er insgesamt durch seine Lockerheit und man sah ihm deutlich an, dass es eine neue Erfahrung für ihn war, an der er Spaß hatte. Über Campino's sängerische Talente kann man ja durchaus streiten. Nach dem M-TV unplugged, wo alle ein eher ruhigeres Konzert erwartet hatten, wurde ihm oftmals vorgeworfen, dass er ins Schreien abgeglitten wäre, was er damit begründete, dass die Atmosphäre im Burgtheater ihn dazu verleitet hätte. Diesmal konnte er sich darauf nicht verlassen, denn wie die Toten Hosen auf ihrer Website selbst ankündigten war dies eine Kulturveranstaltung und kein Punkkonzert. Und doch glitt Campino wieder ins Schreiende ab. Die Titel wurden teilweise sehr schnell gespielt und gesungen, wodurch Teile der Texte untergingen. Dies war jedoch eine Idee Brandauers und ist den Schauspielern nicht anzulasten und könnte als metaphorisches Mittel zur Übertragung auf die modernen hektischen Zeiten gesehen werden. Ich persönlich glaube, dass Brandauer mit Campino als Mittel gespielt hat. Denn gerade gegen Ende hin (besonders bei "Gerettet") schrie Campino so arg und bewegte sich wie bei den Toten Hosen auf der Bühne, dass man denken konnte man würde von Campino dem "Punk" angeschrien um wachgerüttelt zu werden. Jeder in dem Saal wusste ja von Campino's Herkunft und verstand daher wohl auch diese Anspielung. Jedoch konnte Campino auch bei den ruhigeren Nummern durchaus überzeugen und zeigte, dass er eine Stimme hat, und dass er diese auch gekonnt in Szene setzen kann. Brecht selbst als großer Revoluzzer wäre bestimmt von der punkig / rebellischen Vortragsweise Campino's beeindruckt gewesen. Schauspielerisch fügte Campino sich gut in das Ensemble ein. Großartig waren natürlich Kathrin Sass als Mrs. Peachum und eine mir bis jetzt unbekannte Schauspielerin als Lucy Brown.
Wer von Brandauer eine große modernistische Interpretation der Dreigroschenoper erwartet hatte, wurde enttäuscht und musste sich damit begnügen, dass die Inszenierung nah am Original war. Dennoch ließ er es sich nicht nehmen eigene Ideen einzubauen, wie zum Beispiel den Bettler, der den Vorhang zu den Umbaupausen zog und diese mit Gesang überbrückte (das weltbekannte Moritat hat er famos gesungen). Auch kleine unterschwellige Gags wie zum Beispiel der Ausspruch von Mackie Messer (Campino) "So behandelt man vielleicht eine Tote Hose, aber doch nicht mich" wurden gekonnt und sympathisch eingebaut. Alles in allem würde ich sagen, dass es ein gelungener Einstand für Campino war und er bewiesen hat, dass er vielseitig ist und sich durchaus auch auf Schauspielbühnen sehen lassen kann. Für mich, der durch die Toten Hosen zum Punk gekommen ist, war es eine interessante und schöne Erfahrung ihn so zu sehen und ich fühlte mich danach kulturell bereichert.
Kritik würde ich lediglich daran üben, dass man diese relativ groteske "Oper" noch spektakulärer hätte inszenieren können, was ich von Brandauer auch erwartet hatte, allerdings wird diese sauber gespielte naturelle und schlichte Inszenierung Brecht wohl eher gerecht als eine pompöse.
Die Veranstaltung findet glaube ich noch bis 24. September statt und ich kann sie jedem nur empfehlen, der Brecht mag, Campino mal als Schauspieler erleben will, oder sich einfach nur kulturell bereichern will.
Was bleibt da mehr zu sagen als "was ist ein Dietrich gegen eine Aktie, was ist das Überfallen einer Bank gegen die Gründung einer Bank?".
Jeder der die Gelegenheit hat sollte nach Berlin kommen und sich dieses Spektakel nicht entgehen lassen.
Eine 8,5 von 10 Punkten.
3 Comments:
jaja...Brecht hin oder her....!
Aber mein Blog-style zu klauen, ist echt gemein! :( tze. da hätt ich dir mehr fantasie unterstellt...
ach immer diese streitigkeiten um nichts!wichtig is doch nur dass alle spaß haben! hey,momentmal, ich hab echt zu viel Eine himmlische Familie gesehen!Ihr habt alle keine ahnung! mein blog ist der einzige ware! kein macht den EMOS!!!!!ALLE MACHT DEN EMUS
P.S.: Tina hat echt recht!
mal abgesehen von euren "blog-konflikten" :)
Üw...ich fühl mich als wär ich dabei gewesen :)
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